0006_Nicht der heiße Scheiß der Republik

„Nicht der heiße Scheiß der Republik“


Wenn wir mit dieser Überschrift Ihr Interesse geweckt haben, wissen Sie wie „soziale Medien“ funktionieren. Mit solchen reißerischen Slogans gaukeln Ihnen populistische Parteien (und da gibt es durchaus mehrere) vor, es gäbe einfache Lösungen für komplexe Probleme.


Im Moment sind die GRÜNEN im Fokus der Aufmerksamkeit. Auf allen medialen Plattformen sind miese Videos oder Meldungen unterwegs, die sich mit einzelnen Personen der Partei beschäftigen. Kommunikation unter der Gürtellinie. Die eine Frau ist zu dick, die andere doof, der Rest einfach nur dämlich und überbezahlt.


Sich aufzuraffen, sich in die Politik einzumischen, ist gut, sich wie ein Betrunkener am Stammtisch nachts um drei aufzuführen, ist es nicht. Persönliche Angriffe gegen Menschen unter der Gürtellinie bringen uns nicht weiter. Und mehr noch, sie vernichten das politische Klima und führen ins Chaos. Oder sind Sie gewillt sich inhaltliche Positionen von Menschen anzuhören, die Sie anbrüllen?


Die größte Präsenz hier hat die AfD. Wer sie finanziert, bleibt im Dunkeln. Skandale, dass die große „Putin oder China Freundlichkeit“ sich auch in barer Münze auszahlt, schert die Wähler nicht, denn sie wollen es ja „endlich denen da oben zeigen“. Und da ist der erste Buhmann ausgeguckt.


Die GRÜNEN werden nicht der einzige Buhmann bleiben, denn politische Probleme zu einem Konsens oder zu einer Lösung zu bringen ist nicht die Aufgabe dieser rechts- oder linkspopulistischen Parteien. Sie wollen durchmarschieren. Anklagen und Jammern stehen im Vordergrund. Es geht ihnen um eine andere Republik. Um ein anderes Land.


Ein albtraumhaftes Land. Die Vorstufe, zu einer in Deutschland sehr bekannten, gesellschaftlichen Katastrophe. Was diese Art von Kulturkampf bedeutet, kann man in den USA oder auch in England besichtigen.


Um es klar und einfach zu sagen: JA, die GRÜNEN haben Fehler gemacht. Viele Fehler. In der Umsetzung der Transformation (Umbau der Wirtschaft) und besonders in der Kommunikation.


Für Leute wie uns, die dies in einer Kommune verteidigen müssen, keine einfache Lage.


Aber festzuhalten bleibt auch: Das Heizungsgesetz wurde nicht in der Fassung des Referenten verabschiedet und niemand saß im Winter im Kalten.


Der Boykott von russischem Gas war eine Entscheidung des Bundestages mit überwältigender Mehrheit. Und festzuhalten bleibt auch: Der Klimawandel schreitet voran und braucht entschlossene Maßnahmen. 


Selbst wenn wir GRÜNE uns morgen in Luft auflösen, die Probleme bleiben. Sie sind auch nicht ein spezielles grünes Hobby, sondern eine schlichte Notwendigkeit für die kommenden Generationen.

 

Erneuerbare Energien müssen vorangebracht werden. Da kann es nicht nur zufriedene Menschen geben. Man kann sich über das WIE unterhalten, aber nicht über das OB.


Und natürlich ist es ein Dilemma: Für die jungen Leute ist der Fortschritt eine Schnecke und für die alten Leute ist der Umbau eine Bedrohung. Dazwischen gilt es Kompromisse zu finden. Eine epochale Aufgabe.


(Und das übertriebene Gendern nervt auch und kulturelle Aneignung ist Blödsinn. Man muss nicht alles übernehmen, was aus den USA kommt. Das sind allerdings nicht die wichtigen Probleme.)


Eine weitere Menschheitsaufgabe sind die beginnenden Wanderungsbewegungen aus Ländern wo Krieg und Vertreibung herrscht. Dürre und andere Klimafolgen werden dazukommen.


Migration ist keine deutsche Frage, sie ist eine internationale Frage.


Sie bewegt alle Menschen, die in den reichen Staaten auf diesem Erdball leben. Ein Land, wie Deutschland, mitten in Europa wird dieses Problem immer haben, solange Menschen sich auf die Flucht vor Krieg, Armut und Elend begeben. Manche Parteien suggerieren, man könne dies einfach beenden. Das ist eine Illusion.


Es heißt aber nicht, wir haben die Ressourcen alle Menschen aufzunehmen. Politisches Asyl ist nicht geschaffen worden, um Völkerwanderungen zu regeln. Es ist aus gutem Grund eine Einzelfallentscheidung.


Ob es unserem humanistischen Menschenbild entspricht, Menschen in der Wüste verdursten zu lassen oder sie in menschenverachtende Lager in den Sudan zu sperren, ist etwas ganz anderes. Das halten wir für eine skandalöse Entwicklung.


Jahrzehntelang haben wir in der Entwicklungshilfe die These „Hilfe zur Selbsthilfe“ vertreten und die Machthaber auch in den Herkunftsländern nicht aus der Verantwortung entlassen. Es wäre zu bedauern und würde unseren Kontinent grundlegend verändern, wenn sich die Politik sich jetzt im „Geld geben“ und „Augen festzumachen“ erschöpfen würde.


Menschen, die sich nicht in diesem Land integrieren wollen, das Grundgesetz ablehnen und sich nicht an Recht und Gesetz halten, sind nicht willkommen und müssen nach den Geboten unseres Rechtsstaates bestraft werden und gehen.

 

Auf der anderen Seite brauchen wir eine qualitative Einwanderung. Das bedeutet man muss auch in der Kommune eine Strategie haben, Wohnungen anbieten und die Menschen, die wir brauchen, willkommen heißen.  


Wir brauchen Menschen, die unsere Fachkräftelücke füllen! Ein vernünftiges und zukunftsorientiertes Einwanderungsgesetz würde hier helfen. Aber die gesellschaftliche Debatte schüttet alle Probleme in einen Topf und rührt rum.


Das werden wir auch in Niedernhausen stark spüren.

 

Mittlerweile haben wir (und in Niedernhausen besonders) eine starke Überalterung der Gesellschaft. Es fehlen z.B. massenhaft Pflegekräfte in Altenheimen und Krankenhäusern. Auch andere Branchen (Gastronomie, Handwerk, Polizei Verwaltung etc.) klagen.  Wenn wir uns weiter gegen eine solche Maßnahme wehren, werden wir es bitter und sehr teuer bezahlen.

 

Ende des Jahrzehnts werden in Niedernhausen 30% der Bevölkerung über 65 Jahre sein. Es wird eine Zunahme von Pflegebedürftigen um 62 % erwartet. Wir haben die stärkste Zunahme von Personen von 75 Jahren und älter und die geringste Zunahme bei den 0 – 25jährigen nämlich 8 %. (Bericht des Seniorenbeauftragten für 2023)

 

Wer glaubt in einer „Republik der Senioren“, wir brauchen keine Einwanderung?

 

KLIMA, ÜBERALTERUNG und MIGRATION sind die Schlüsselprobleme unserer Republik in den nächsten 25 Jahren. Mögen wir zusammen hoffen, dass nicht noch KRIEG dazu kommt.

 

Mag sein, dass die Gesellschaft von den vielen Fragen überfordert sind. Vielleicht sind wir das auch.


Alle Kommunalpolitiker*innen ächzen vor der Fülle der Probleme. Leere Kassen und große Herausforderungen stehen vor der Tür.


Niemand ist zu beneiden, der jetzt ein Bürgermeisteramt übernimmt. Wir sollten großen Respekt haben, vor jeder Person, die diesen Schritt geht. Ein Wohlfühljob ist das nicht.


Und man kann, ohne zynisch klingen zu wollen, Frau Maier-Frutig eine glückliche Hand, gute Ideen und eine produktive Unterstützung wünschen. Wir stehen für eine sachorientierte Politik zur Verfügung und wollen mithelfen die sozialen und ökologischen Probleme in unserer Kommune zu lösen.


Wir alle, die in den Kommunen Verantwortung haben, brauchen aber auch den Schulterschluss aller Demokratinnen und Demokraten. Menschen, die an Ergebnissen interessiert sind. Durchaus hart in der Sache, aber ohne persönliche Verletzungen und Anfeindungen und fair im Umgang.


Wir alle brauchen jungen Nachwuchs, der bereit ist die Zukunftsprobleme anzupacken.

 

Die Überalterung der Parlamente ist auch ein Zeichen der Zeit. Aber ohne eine funktionierende Kommunalpolitik gibt es kein demokratisches Gemeinwesen. Dann hätten wir genau die andere Republik, auf die die Feinde der Demokratie hoffen. Wir möchten das nicht erleben!


Quelle: Evi Schönhut-Keil, 01.07.2024

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